Lübeck ist eine Insel
Unsere Gemeinschaftsfahrt mit sieben Rudermenschen des RGF Sehnde/Lehrte und acht des Hildesheimer RC hat uns für das erste Juliwochenende in die alte Hansestadt an der Ostsee geführt. Praktischerweise hatte uns die Lübecker Ruder-Gesellschaft von 1885 drei gepflegte Holz-Vierer ausgeliehen: Blinkführ, Ludwig Haukohl und Neckar. Bald nach dem Eintreffen am Freitagmittag vor Ort, Picknick, Einweisung und Bootseinteilung konnten wir fröhlich die Boote zu Wasser lassen. Dummerweise kam das Wasser auch gleich von oben, aber durch das Getröpfel war dennoch von der Trave aus die Stadtkulisse gut zu sehen. Dem einen oder anderen Stand-Up-Paddler oder Mietbootfahrer musste man an engen Durchfahrten ausweichen, doch die Trave abwärts war ab Burgtor-Hafen viel Platz. Beim Umkehren In Höhe Siems hatte der Regen nicht wirklich aufgehört, aber – na klar – als wir am Steg der LRG wieder anlegten.
Nach dem Einchecken in der Jugendherberge ging es deshalb ganz trocken zum Holstentor, wo uns die Stadtführerin erwartete. Aus ihrem Mund gab es viel Interessantes zur Geschichte der Hanse (so uneinig wie die EU heute), die geschickten Handelsbeziehungen des ausgehenden Mittelalters und natürlich die Symbole des Reichtums der Hansestädte zu lernen. Nicht nur das Holstentor als Überbleibsel der Stadtbefestigung, das Rathaus und die großen Kirchen der Backsteingotik, sondern vor allem die vielen großen Kaufmannshäuser mit ihren prunkvollen Fassaden spiegeln diese Blütezeit Lübecks wieder. Anschließend war natürlich der Hunger groß und wurde im Kartoffelkeller (unter dem Heiligen-Geist-Hospital) gestillt.
Am Samstag stand die Fahrt über die idyllische Wakenitz an. Bei viel Betrieb auf dem Gelände des Rudervereins jonglierten wir die Boote mit Wagen 300m zum Zuleitungskanal. Bei herrlichstem Kaiserwetter ging es über die seenbreite Wakenitz an mondänen Grundstücken vorbei, durch Kanugruppen und Schwimmern ausweichend bald auf dem enger fließenden Fluss zum Ratzeburger See. Dann noch 2 km zum Badeplatz von Utecht am Ostufer zur Mittagspause – und schon haben wir uns beim Baden und Schwimmen wunderbar erfrischt. Obendrein gab es noch den leckeren Bienenstich (von Susi) und Quittenkuchen (mhm! von Bärbel). Auf dem Rückweg wurde es lebhafter auf der Wakenitz mit Ausflugsdampfer und Stand-Up-Paddlern, mehr Libellen (und Bremsen!). Deshalb mussten wir dringend am Müggenbusch eine Kaffee-/Bierpause einlegen, wobei uns ein Kanut eine halbgelungene Eskimorolle vorgeführt hat.
2022-07-Waderfahrt-Luebeck/Nach dem Duschen haben wir vor der Jugendherberge unsere jugendlichen und quirligen Mitbewohner kennengelernt: Jungens und Mädels der Hamburger Handballjugend. Bei den Mädchen ging es immer um Ella, warum nur? Zum Essen in der Schiffergesellschaft hat uns das Ambiente nochmal die Welt der Hanse lebendig werden lassen. Allerdings war es in der historischen Halle recht heiß, sodass wir anschließend zwischen Gartenkräutern und -blumen* auf dem Platz unsere Seele mit einem Absacker achtsam streicheln konnten. (*Dazu hat die Lübecker Komplementwerkstatt überall nette Sprüche dekoriert: „Du bist das Gänseblümchen meines Lebens“ oder „Einfach aus der Reihe tanzen, statt sich im Kreis zu drehen“).
Sonntag ging es die Trave aufwärts, aber vorab nochmal anders rum um die Stadt durch den Stadtgraben und ein Stück die Kanaltrave. Zum kleinen Picknick konnten wir uns auf einer Wiese entspannen, leider mit sehr freundlichen Mitmenschen, die ihre vier Schlauchboote und ihr Ego aufpumpten und am Wasser auch gar keinen Platz brauchten. Doch die Sonne schimmerte durch die Wolken, na, was soll’s. Zum Abschied fuhren wir nochmal die Stadttrave mit Häuser-Panorama entlang, am Burgtor vorbei und über den Klughafen zur LRG zurück. Ja, ist schon beeindruckend einmal um die ganze Altstadt-Insel im Kreis fahren zu können.
Ein bisschen Anstrengung tut gut, nach diesen 79 km haben wir uns mit dem Boote putzen beeilt, um die Rückfahrt zum Ausruhen zu nutzen.
Friedrich Weskott